Leseprobe aus # 43: Thomas Grüter

Meine künstlichen Kinder

von Thomas Grüter

Das Türschloss erkannte mein Gesicht nicht mehr und wies auch meinen Daumenabdruck zurück. »No match«, behauptete der kleine Bildschirm in der Tür meines Appartements. Genervt hielt ich den linken Unterarm mit dem ID-Chip gegen den Sensor. Auf dem Bildschirm erschien eine Textzeile. »Sag ›bitte!‹«
     Ich hatte keine Wahl, als mitzuspielen. »Bitte, lasst mich rein!«, sagte ich. Gnädig öffnete sich die Tür. Eine Fanfare erklang.
Leseprobe aus # 43: Aiki Mira

Vorsicht Synthetisches Leben!

von Aiki Mira
nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2022!

 

Am Morgen meines 40. Geburtstags schloss ich mich im Badezimmer ein und pinkelte im Stehen. Die Tür verriegelte ich manuell. Eigentlich war das die Aufgabe unseres Smart-Home-Systems. Doch sonn-tags reagierte die KI nicht auf mich, sondern ausschließlich auf Claire – meine Frau. Bevor ich es verhindern konnte, sprang die Tür auf, weil Claire sich ihr näherte. Mit einer Hand und einem Fuß drückte ich dagegen, was nur funktionierte, weil ich geübt darin war und unser Badezimmer etwa die Größe eines begehbaren Schranks hatte. Claire rüttelte trotzdem an der Klinke.

Leseprobe aus # 43: Norbert Stoebe

Das Ding

von Norbert Stöbe

nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2022!

 

Erwin gab einen Laut von sich, der wie Schluckauf klang. Das bedeutete, es gab Post. Mit sirrenden Schritten tappte er zur Tür, um nachzusehen, was in der Postbox gelandet war. Karlo hatte den Eindruck, der Bot nicke rhythmisch mit seinem weißen, blauäugigen Kopf, wie ein betagter Hausdiener aus vorelektronischer Zeit.