»Die schwarze Seite des amerikanischen Traums«
Ich mag Horror gar nicht. So überhaupt gar nicht. Wenn das Gruselformat im Fernsehen läuft, schalte ich sofort weiter. In der Videothek mache ich um die DVDs einen großen Bogen. Über das Textformat brauchen wir uns eigentlich gar nicht zu unterhalten. Während Stephen King meine Frau nächtelang wachgehalten hat, trieb er mich bereits nach drei Zeilen in den Schlaf.
Und nun halte ich diese Textsammlung mit dem seltsamen Titel »AmeriKKan GotiK«, frisch aus dem eBook-Compiler, in den Händen und denke: »Oh Dear Lord!«. Sagen wir schlicht, ich halte das Spiel mit der Orthographie für unnötig.
Aber Markus K. Korb hat mich eines Besseren belehrt. Kurz gesagt, seine Geschichten sind großartig. In diesem Band kreisen alle Geschichten, unschwer am Titel zu erkennen, um das Thema Amerika und seine Historie und Kultur. Mit jeder Geschichte nimmt sich Korb eines der vielen Themen an, die an den USA so prägnant sind: Rassismus, Einwanderung, Religion, Vorurteile, Popkultur.
Indem Korb mit jeder Geschichte eines der schwierigen Themen intelligent und anspruchsvoll anspricht, beschreibt er im Gesamtwerk das moderne USA mit all seinen Problemen. Gleichzeitig sind die Charaktere vielfältig und glaubhaft. Nicht selten war ich enttäuscht, wenn ich das Ende einer Geschichte kommen sah. Aufgrund der vielen und breitgestreuten Details, die aus fundiertem Wissen bestehen, vermengt mit den zu erwartenden Amerikastereotypen, hat man niemals das Gefühl, Altbekanntes zu lesen.
Darüber hinaus flechtet Korb gekonnt Verweise zum bestehenden literarischen und filmischen Kanon ein. So hat mich die Einstiegsgeschichte – »Kain und Abel meets Kill Bill«, großartig! – sofort in ihren Bann gezogen.
Gruselige Stellen sind in den Geschichten sachte, indirekt und feinfühlig hier und da gestreut. Selbstverständlich werden wir in alte Krankenhäuser, Nervenheilanstalten und Kirchen mitgenommen. Aber niemals wirkt der Stil überladen, gar aufdringlich. Im Gegenteil, die Spannung stieg so hoch, dass ich den eBook-Reader nicht aus der Hand legen konnte, obwohl der Blick auf die Uhr mir geraten hat, dies zu tun.
Ich möchte nicht behaupten, durch Korb zum Horrorfan mutiert zu sein. Dafür sind meine Nerven zu dünn. Aber die Lektüre von »AmeriKKan GotiK« hat Spaß gemacht. Darüber hinaus erschlägt einen die Länge der Geschichten nicht, sondern ist gerade richtig für ein oder zwei Bahnfahrten. Ich kann sie jedem, nicht nur Fans von Horror und Grusel, herzlichst empfehlen.
Der (im übrigen illustrierte) Erzählband erschien mit einem Umfang von 244 Seiten als Klappenbroschur im LUZIFER-Verlag unter der ISBN 978-3-95835-058-8. Mehr Information sowie Bezugsmöglichkeiten gibt es gleich hier.
gepostet (FTo) =Fabian Tomaschek