Leseprobe aus # 42: Lisa Jenny Krieg

 

 NOTIZEN ZUR BEOBACHTUNG VON SCHILDKRÖTEN NACH EINER BRUCHLANDUNG

von Lisa Jenny Krieg

 

Eintrag 1, Datum unbekannt, Tag 3
 
Es gibt zu viel Licht hier. Es ist zu hell. Das Meer ist zu blau, die Palmen zu grün, der Sand zu gelb. Die Sonne zu grell. Meine Augen vertragen diese Farben nicht. Selbst nachts, mit geschlossenen Augen, sehe ich die Sonne. Wenn sie mich irgendwann finden – falls sie mich irgendwann finden –, bin ich hier bestimmt bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
Leseprobe aus # 42: Olaf Lahayne

 

 SCHWARMVERHALTEN

von Olaf Lahayne

 

Ginge es ruhiger her im Café d’Abeilles, so würde womöglich irgendwer das Knirschen, Knacksen und Knistern in der Decke noch rechtzeitig registrieren. So aber wird es übertönt vom Geplapper der Gäste, vom Geklapper des Geschirrs, vom Surren der Klimaanlage, vor allem aber vom Gejohle, das die gerade laufende Sportübertragung begleitet. Selbst als an einem Ecktisch auf das Kokos-Schoko-Eis eines Gastes einige Kalkbrösel niederrieseln, bleibt dies unbemerkt; es sind gerade noch der Geschmacks- und der Tastsinn des Eiskonsumenten, die sich mit seiner Mahlzeit befassen.

Leseprobe aus # 42: Gabriele Behrend

 

ALLES EINE FRAGE DER EINSTELLUNG

von Gabriele Behrend

 

wenn man nicht weinen kann, soll Lachen helfen. Ich bin mir nicht sicher, womit ich es versuchen soll. – Aber interessiert es Sie überhaupt, Monsieur? Interessieren Sie die näheren Umstände meines Zustandes? Überlegen Sie Ihre Antwort gut. Sie wissen, ich bin die Herrin dieses Reiches. Es  ist klein, aber uns wird niemand stören. Zerren Sie ruhig an Ihren Fesseln, die sind fest. Die bekommen Sie nicht los.«