Leseprobe aus # 43: Aiki Mira

Vorsicht Synthetisches Leben!

von Aiki Mira
nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2022!

 

Am Morgen meines 40. Geburtstags schloss ich mich im Badezimmer ein und pinkelte im Stehen. Die Tür verriegelte ich manuell. Eigentlich war das die Aufgabe unseres Smart-Home-Systems. Doch sonn-tags reagierte die KI nicht auf mich, sondern ausschließlich auf Claire – meine Frau. Bevor ich es verhindern konnte, sprang die Tür auf, weil Claire sich ihr näherte. Mit einer Hand und einem Fuß drückte ich dagegen, was nur funktionierte, weil ich geübt darin war und unser Badezimmer etwa die Größe eines begehbaren Schranks hatte. Claire rüttelte trotzdem an der Klinke.

Leseprobe aus # 43: Norbert Stoebe

Das Ding

von Norbert Stöbe

nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2022!

 

Erwin gab einen Laut von sich, der wie Schluckauf klang. Das bedeutete, es gab Post. Mit sirrenden Schritten tappte er zur Tür, um nachzusehen, was in der Postbox gelandet war. Karlo hatte den Eindruck, der Bot nicke rhythmisch mit seinem weißen, blauäugigen Kopf, wie ein betagter Hausdiener aus vorelektronischer Zeit.
EXODUS 43

# 43 erscheint voraussichtlich Anfang bis Mitte November 2021

Bedingt durch drucktechnische Probleme, die leider in diesen Tagen allernorts an der Tagesordnung stehen, wird sich die Auslieferung ein wenig verzögern!
Geplant war ursprünglich Oktober 2021. -- Wir denken aber bis spätestens Mitte November unsere Leser und Abonnenten beliefern zu können. – Wir bitten um Verständnis!

Erste Informationen haben wir vor wenigen Tagen auf unserer Page gepostet ...

Leseprobe aus # 42: Lisa Jenny Krieg

 

 NOTIZEN ZUR BEOBACHTUNG VON SCHILDKRÖTEN NACH EINER BRUCHLANDUNG

von Lisa Jenny Krieg

 

Eintrag 1, Datum unbekannt, Tag 3
 
Es gibt zu viel Licht hier. Es ist zu hell. Das Meer ist zu blau, die Palmen zu grün, der Sand zu gelb. Die Sonne zu grell. Meine Augen vertragen diese Farben nicht. Selbst nachts, mit geschlossenen Augen, sehe ich die Sonne. Wenn sie mich irgendwann finden – falls sie mich irgendwann finden –, bin ich hier bestimmt bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
Leseprobe aus # 42: Olaf Lahayne

 

 SCHWARMVERHALTEN

von Olaf Lahayne

 

Ginge es ruhiger her im Café d’Abeilles, so würde womöglich irgendwer das Knirschen, Knacksen und Knistern in der Decke noch rechtzeitig registrieren. So aber wird es übertönt vom Geplapper der Gäste, vom Geklapper des Geschirrs, vom Surren der Klimaanlage, vor allem aber vom Gejohle, das die gerade laufende Sportübertragung begleitet. Selbst als an einem Ecktisch auf das Kokos-Schoko-Eis eines Gastes einige Kalkbrösel niederrieseln, bleibt dies unbemerkt; es sind gerade noch der Geschmacks- und der Tastsinn des Eiskonsumenten, die sich mit seiner Mahlzeit befassen.

Leseprobe aus # 42: Gabriele Behrend

 

ALLES EINE FRAGE DER EINSTELLUNG

von Gabriele Behrend

 

wenn man nicht weinen kann, soll Lachen helfen. Ich bin mir nicht sicher, womit ich es versuchen soll. – Aber interessiert es Sie überhaupt, Monsieur? Interessieren Sie die näheren Umstände meines Zustandes? Überlegen Sie Ihre Antwort gut. Sie wissen, ich bin die Herrin dieses Reiches. Es  ist klein, aber uns wird niemand stören. Zerren Sie ruhig an Ihren Fesseln, die sind fest. Die bekommen Sie nicht los.«

Leseprobe aus # 42: Thomas Kolbe

 

NACHTSCHICHT

von Thomas Kolbe

Erst die Hälfte der Schicht um. Und ich bin schon so müde. Gestern den normalen Dienst auf der Station, Visiten, Krankenakten auf den neuesten Stand bringen und der übliche Verwaltungskram. Und dann gleich im Anschluss die Nachtschicht. Eigentlich habe ich sonst nichts dagegen. Meist ist nicht viel los. Zeit zum Nachdenken. Aber jetzt ist erst einmal Zeit für einen Kaffee. Mal sehen, was der Nahrungssyntho so fabriziert.