Auf Sendung

von Thomas Kolbe

Und hier sind wir wieder auf Hyperwelle 143,27. Euer Lieblingssender für den ganzen Raumsektor. Tipps und Tricks für alle Lebenslagen. Im Studio ist jetzt wie immer zu dieser Stunde Professor Dr. Dr. Dr. Brambonnock, unser Experte für Astrophysik, Quantenmechanik und den Hyperraum. Nebenbei Fachmensch für Lebensberatung und friktionsfreie Ernährung. Für alle Extraterrestrier: Stellt euren Übersetzer bitte so ein, dass das Hintergrundrauschen NICHT mit übersetzt wird. Vielen Dank.«
     Der Moderator, Jock, lehnte sich bequem in seinem Antigrav-Sessel zurück. Ihm gegenüber saß ein Mann undefinierbaren Alters, der mit wedelnden Handbewegungen versuchte, ein kleines grünes Insekt vor seinem Gesicht zu verscheuchen.
     Jock schaute sich das etwas genervt an. »Professor, würden Sie bitte das Mikro in Ruhe lassen. Nachdem Sie bei dem Richt-Mikrofon ständig aus dem Fokus waren, habe ich extra ein Schwebe-Mikro für Sie besorgt.«
     Der Professor grummelte vor sich hin, ließ aber zumindest das Mikrofon in Ruhe. Jock drehte die Musik ab und drückte ganz altmodisch einen Knopf auf seinem pseudo-antiken Pult.
     »Und wen habe ich jetzt in der Leitung?«

Auf Sendung Kolbe Exodus
    
     »Kendrick, ich bin Kendrick.«
     »Hallo Kendrick, was ist dein Problem? Was möchtest du den Professor fragen?«
     Nach einem kurzen Augenblich der Stille ertönte aus dem Lautsprecher Kendricks drucksende Stimme: »Ja, also ich habe da so einen mittelgroßen Planeten gekauft, unbewohnt, für Terraforming gut geeignet. Und als ich da mal so hinfliege, stelle ich fest, dass da in der Nachbarschaft ein Schwarzes Loch ist, das den ganzen Sonnenwind ansaugt, den ich zur Energiegewinnung gebraucht hätte. Was kann ich da tun?«
     Ich schätze, du kannst den Planeten nicht einfach zurückgeben«, fragte Jock nach.
     »Nein, leider nicht« erwiderte Kendrick. »Im Kaufvertrag steht ›gekauft wie gesehen‹ und ich habe ihn halt aus dem Katalog. Bin vorher nicht da gewesen.«
     Jock lehnte sich etwas zu dem Professor herüber. »Nun, Professor, Sie haben doch sicher eine Idee, wie man dem armen Kendrick helfen kann?«
    Professor Brambonnock räusperte sich, setzte sich etwas gerader auf und sah das grün leuchtende Schwebe-Mikro misstrauisch an. »Also, mein lieber Kendrick, ich schätze, Sie können nicht einfach ein paar Dutzend Plasmaturbinen am Planeten befestigen und ihn aus dem Wirkungsbereich des Schwarzen Loches herausfliegen?!«
     Nach einem kurzen Seufzen kam die Antwort: »Leider nein. Das Ausleihen und der Betrieb einer solchen Anzahl von Turbinen wäre teurer als was der ganze Planet gekostet hat.«
     Der Professor gab ein meckerndes Lachen von sich. »Scheint ja ein rechtes Schnäppchen gewesen zu sein. Schon mal überlegt, warum der so billig war? Aber geschenkt. Es gibt noch eine andere Möglichkeit: Sie erzeugen mit einem Sjörgren-Generator eine Quantenfluktuation, groß genug, dass der gesamte Planet betroffen ist. Das kostet nicht viel Energie. Der Planet oszilliert dann zwischen unserem Kontinuum und einem anderen hin und her. Durch die Heisenberg’sche Unschärferelation kommt der Planet nicht wieder exakt an derselben Stelle heraus. Aufgrund stochastischer Prinzipien wird sich der Planet eher vom Schwarzen Loch wegbewegen als zu ihm hin. Das machen Sie ein paar Millionen Mal, bis ihnen der Abstand groß genug erscheint. Aber passen Sie auf: Wenn Sie den Generator eine Femtosekunde zu früh oder zu spät ausschalten, bleibt der Planet weg.«
     Aus dem Lautsprecher kam erst einmal kein Ton und alle schwiegen bedächtig. Dann meldete sich Kendrick zu Wort. »Wie ›weg‹? Was heißt hier weg?«
 

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© Thomas Kolbe
Erstveröffentlichung für EXODUS 44
Illustration © Gerd Frey